Pressemitteilung vom 29.03.2023
In seiner Ankündigung einer künftigen gemeinsamen Nutzung russischer Atomwaffen mit Weißrussland hat der russische Präsident Vladimir Putin versucht, politische Kritik und juristische Bedenken seitens anderer Staaten im Voraus abzuwehren. Er behauptete, dass eine solche gemeinsame Nutzung möglich sei, "ohne in irgendeiner Weise unsere Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag zu verletzen“. Diese Erklärung ist jedoch ein untauglicher Versuch, die in mehrfacher Hinsicht bestehenden völkerrechtlichen Schranken beiseite zu schieben.
Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen („Atomwaffensperrvertrag“) verpflichtet die atomwaffenbesitzenden Vertragsstaaten, "Kernwaffen oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben“. Ferner verpflichtet er die Kernwaffenstaaten, keinen Nichtkernwaffenstaat zu unterstützen noch zu ermutigen noch zu veranlassen, Kernwaffen […] zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen“. Der Vertrag erlegt den Nichtkernwaffenstaaten die entsprechende Verpflichtung auf, nicht der Empfänger einer solchen Weitergabe oder Unterstützung zu sein.
Gegen diese Verpflichtungen werden Russland und Belarus durch die geplante gemeinsame Nukleare Teilhabe verstoßen, denn sie bedeutet eine mittelbare Weitergabe der in Belarus stationierten taktischen Atomwaffen. Die belarussischen Streitkräfte sollen bereits im April für den Einsatz dieser Waffen trainiert werden, und sie würden im Falle des Einsatzes auch die unmittelbare Verfügungsgewalt über sie erhalten. Das ist – worauf Präsident Putin zutreffend hingewiesen hat – exakt auch der Zweck der von den USA und Deutschland (sowie Italien, Belgien, der Türkei und der Niederlande) praktizierten Nuklearen Teilhabe, die von uns seit langem als völkerrechtswidrig kritisiert wird (ausführlich unter Widerlegung der von der Bundesregierung vorgebrachten Rechtfertigungsargumente in der Publikation „Nukleare Teilhabe“).
Jeder Einsatz von Atomwaffen und schon dessen Androhung sind sowohl nach humanitärem Völkerrecht, als auch nach dem Internationalen Menschenrecht auf Leben (Artikel 6 des UN-Zivilpaktes) verboten (Hinweis auf das Gutachten des IGH vom 8.7.1996 und auf den General Comment Nr. 36 des UN-Menschenrechts-ausschusses vom 30.10.2018). Dieses Verbot erstreckt sich auch auf Einsätze und Androhungen im Rahmen der Nuklearen Teilhabe, sowie bereits auf die der Vorbereitung dienenden Stationierungen und Einsatzübungen.
IALANA appelliert deshalb nachdrücklich
- an die Regierungen der Russischen Föderation und Belarus, ihre Pläne und Vorbereitungen für eine Nukleare Teilhabe aufzugeben,
- an die Regierungen der USA und Deutschlands, sowie Italiens, Belgiens, der Türkei und der Niederlande, ihre Nukleare Teilhabe unverzüglich zu beenden,
- an die Regierungen aller Atomwaffenstaaten, endlich „in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle“ (Verpflichtung aus Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrages).
Pressekontakt: Lucas Wirl (0176 6410 3500)
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